Endlich ist er da der große Tag. Körbchen, Leine, Halsband, Geschirr, Näpfe und Hundedecken sind gekauft. Die Hundeschule ist ausgesucht und alle notwendigen Bücher stehen im Regal. Alle sind aufgeregt und freuen sich auf den neuen Mitbewohner.
Die Pläne sind groß. Überall soll er mit hinkommen, er soll mit in den Urlaub fahren, auf Spaziergängen ohne Leine toben und in der Stadt ruhig und brav neben uns laufen und natürlich haben wir uns schon im Internet und in vielen Foren schlau gemacht, welche Beschäftigungen der neue Freund so braucht und welches Futter das beste ist.
Vielleicht haben Sie es schon gemerkt, es gibt tausende Meinungen und Ratschläge, die sich alle logisch und nachvollziehbar anhören, sich nur leider komplett widersprechen.
Damit Sie für die erste Zeit gewappnet sind und um ein bisschen Licht ins scheinbar endlose Meinungschaos zu bringen, hier ein paar Tipps, wie Sie die erste Zeit am besten mit dem neuen Hund umgehen.
Weniger ist mehr
Ich weiß, Sie haben nur die besten Absichten und möchten, dass Ihr Hund sich bei Ihnen wohl und zu Hause fühlt, aber Hunde brauchen in vielen Dingen andere Sachen als Menschen.
Wenn Sie mit Ihrem neuen Hund nach Hause kommen, lassen Sie es langsam angehen. So stolz Sie auch sind und so neugierig auch Nachbarn, Familie und Freunde. Für Ihren Hund ist alles neu. Er
braucht erstmal eins, Ruhe.
Alles riecht neu, Geräusche und Umfeld sind fremd. Ihr Hund weiß noch nicht, wie seine neue Welt funktioniert und was ihn erwartet.
Lassen Sie ihn nicht alles alleine erkunden. So lieb es auch gemeint ist, dass er sich erst mal in Ruhe Haus und Garten anschauen darf, er ist damit überfordert. Lassen Sie ihn nicht alleine,
bleiben Sie an seiner Seite, zeigen Sie ihm in Ruhe alle Räume, die er betreten darf und gehen sie mit ihm, wenn er in den Garten soll. Fangen Sie jetzt schon damit an, ruhig und souverän Grenzen
zu setzten. Für Hunde ist es ein Gefühl von Sicherheit, wenn Sie wissen, was sie NICHT dürfen.
Sie brauchen keine Angst zu haben, dass er sie dadurch nicht mag oder Angst bekommt. Im Gegenteil, er wird froh sein, wenn jemand da ist, der weiß, wie die Regeln in diesem Leben sind. Werden Sie nicht laut oder sauer, aber zeigen Sie ihm klar, wo er hindarf und wo nicht. Wenn er das akzeptiert, streicheln Sie ihn und zeigen ihm so, was richtig und was falsch ist.
Vermutlich hat Ihr neuer Hund eine kurze oder auch lange Reise hinter sich, um bei Ihnen anzukommen. Auf jeden Fall wird er müde sein von den neuen Eindrücken. Am besten setzten Sie sich mit ihm
hin und zeigen ihm, wo sein Ruheplatz ist, damit er erstmal verarbeiten und ankommen kann.
Lassen Sie sich und dem Hund Zeit, sich kennen zu lernen. Es reicht in den ersten 3 Wochen völlig aus, daran zu arbeiten, dass der neue Mitbewohner ein paar grundsätzliche Dinge lernt. Nämlich,
dass er zu Ihnen gehört, wo er wohnt, was man im Haus und im Garten darf und was nicht und dass man bei Spaziergang in der Nähe des Menschen bleibt und nicht an der Leine zieht.
Je nach dem wie viel Hundeerfahrung Sie haben, setzten Sie sich nicht unter Druck, sofort eine Hundeschule zu besuchen. Schauen Sie erstmal, wie der Hund sich entwickelt, damit Sie zu gegebener
Zeit wirklich gezielt an dem arbeiten können, was nicht so gut klappt.
Und unterschätzen Sie nicht die Anstrengung, Neues kennen zu lernen.
Auch Auslastungsmodelle haben Zeit. Ihr Hund ist am Anfang völlig damit ausgelastet, alles Neue kennenzulernen und zu verarbeiten. Bewegung geben Sie ihm auf den täglichen Spaziergängen. Sitz,
Platz, Fuß hat Zeit. Leben Sie erst einmal miteinander und lernen sich kennen.
Der, der führt, bekommt Aufmerksamkeit
Aufmerksamkeit zu bekommen hat in der Welt der Hunde eine Bedeutung. Der, welcher die meiste Aufmerksamkeit bekommt, führt. Stellen Sie sich Welpen bei Ihrer Mama vor. Die Mama bekommt die meiste Aufmerksamkeit. Die Welpen schauen, was sie wann und wie macht. Sie versuchen, sie nachzumachen. Sie buhlen um sie, damit sie sich zum Säugen hinlegt. Die Mama führt.
Und jetzt liegt der neue Hund im Wohnzimmer und die ganze Familie schaut ihn an. Wenn er aufsteht, sind alle auf dem Sprung, um zu sehen, was er tut und wo er hingeht. Das ist menschlich, aber
macht es nicht einfacher für den Welpen.
Sie müssen und sollen den neuen Hund auf keinen Fall ignorieren, aber machen Sie ihn nicht vom ersten Moment an zum Lebensmittelpunkt. Unterhalten Sie sich, erklären Sie den Kindern, dass er
jetzt müde ist oder stoßen Sie einfach auf eine tolle Zeit miteinander an.
Sie haben jetzt alle Chancen
Egal ob Welpe oder erwachsener Hund. Wenn ein Hund in ein neues Zuhause zieht, ist er erstmal zurückhaltender, als er es eigentlich ist.
Das kennt man von Kindern, meistens sind sie bei Fremden viel höflicher und folgsamer, als zu Hause. Warum? Weil sie keine Ahnung haben, wie die „Fremden“ reagieren.
So ist das auch bei Hunden. Sie schauen sich erst mal alles an. Sie wollen verstehen, wie was funktioniert und wer was zu sagen hat. Das ist wirklich wichtig zu wissen, denn ich empfehle immer
erst mal „die Zügel etwas straffer zu halten“. Zulassen kann man jeder Zeit und ganz schnell wieder. Bremsen wird im Nachgang schwieriger.
Überlegen sie sich im Vorfeld ganz genau, was Ihnen wichtig ist, wie Sie sich wünschen, wie der Hund sich in Situationen verhalten soll etc. Es macht zum Beispiel keinen Sinn, den neuen Hund erst
mal an der Leine ziehen zu lassen und sich zu sagen, an der Leinführigkeit arbeite ich dann, wenn er sich zu Hause fühlt. Das wird Ihnen Ihr Vorhaben später sehr viel schwerer machen.
Verfolgen Sie Ihre Ziele vom ersten Tag an, dann wird es für Sie und den Hund wesentlich einfacher und vor allem fairer. Wie soll er verstehen, dass nach drei Wochen An-der-Leine-ziehen dieselbe Handlung auf einmal nicht mehr in Ordnung ist?
Zeitangaben sind immer schwierig, aber ich habe oft die Erfahrung gemacht, dass erwachsenen Hunde erst nach sechs bis acht Wochen im neuen Zuhause zeigen, wer sie wirklich sind und meistens sind
sie dann mutiger und willensstärker als man am Anfang meint.
Und zum Abschluß
Lassen Sie sich nicht durch Möchtegerntrainer, Weltverbesserer und Besserwisser verunsichern. Tausend Wege führen nach Rom und es gibt niemals die eine, die richtige Lösung. Verlassen Sie sich auf Ihr Bauchgefühl, was Ihnen am meisten zusagt und das gilt für Training sowie für Fütterung und für die Auslastung des Hundes.
Egal was es ist, es muss vor allem Ihnen zusagen. Niemand kann sich auf Dauer verstellen, oder ist glücklich, wenn er etwas tun muss, was sich für ihn falsch anfühlt. Hunde sind unfassbar anpassungsfähige Lebewesen. Sie kommen mit vielen Dingen zurecht. Aber denken Sie daran, Ihr Hund wird Sie sehr schnell, sehr gut kennen
und wenn Sie etwas, tun, was Sie nicht zu hundert Prozent wollen, wird Ihr Hund das merken und genau das in Frage stellen.